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Ende März rückte das Ende des Krieges auch in unserer Gegend immer näher.
Am 25. März erreichten amerikanische Einheiten den Main bei Klein-Auheim. Am gleichen Tag wurden gegen Abend deutsche Soldaten in der Rückinger Schule einquartiert.
Aus Richtung Hanau war starker Gefechtslärm wahrnehmbar. Dies war auch in den folgenden Tagen so. Außerdem flogen immer wieder Tiefflieger über den Ort und die Flakstellung am Römerbad, die auch zum Bodenkampf eingesetzt werden konnte, schoss in Richtung Hanau.
Der damalige Rückinger Pfarrer Emil Hoffmann hisste am 26. März auf dem Kirchturm eine weiße Fahne. Ein deutscher Offizier entfernte diese wieder und ließ den Pfarrer festnehmen und in das Gebäude der Flakkommandantur bringen.
Über die Ereignisse berichtetet Pfarrer Hoffmann in der Kirchenchronik selbst:
"Einfach war es gewiss nicht, als mich eine Eskorte, bestehend aus einem Feldwebel, zwei Soldaten mit aufgepflanztem Seitengewehr und einem dritten auf der Straße, etwa vor der Metzgerei Bär, ergriffen und als Gefangener zu der Unterkunft gegenüber dem Hause des Bauunternehmers Haas abführte. Als ich hier vorne an der Ecke bat, mich von den Meinen im Pfarrhause verabschieden zu dürfen, wurde mir das glatt abgelehnt. Die Wartezeit vor meiner Vorführung gehört zu den schrecklichsten Stunden meines Lebens. Ich sah, wie die Offiziere sehr diensteifrig in den Hauptraum eilten und dachte nichts anderes als - Standgericht. Über das Ergebnis gab ich mich keiner Täuschung hin. Ich rüstete mich innerlich auf Erschießung. [...] Endlich, endlich wurde ich hereingerufen. Ein Major empfing mich und donnerte mich in einer Weise an, wie ich es noch nie gehört hatte. Aber merkwürdig, je mehr er schrie, umso ruhiger wurde ich innerlich. Ich warf heimlich einen Blick nach neben, wir waren allein, also kein Standgericht. Ich versicherte dem Major, dass ich mein Dorf hätte retten wollen. Vermutlich machte es auf ihn Eindruck, dass ich nichts ableugnete, keinen anderen beschuldigte, sondern männlich, offen und wahrhaftig alles auf mich nahm. [...]"
Letztendlich wurde der Pfarrer wieder auf freien Fuß gesetzt.
Am 27. März wurde Langendiebach durch Artillerie beschossen. Dabei wurden mehrere Bewohner verletzt und getötet. Unter anderem starb der Langendiebacher Bürgermeister Wilhelm Spindler, als eine Granate vor dem Rathaus explodierte.
Zahlreiche Gebäude wurden bei dem Angriff beschädigt.
Einen Tag später, am 28. März, wurde nun Rückingen beschossen. Auch hier wurden Bewohner verletzt und getötet.
Am selben Tag begannen deutsche Soldaten vor Rückingen Verteidigungsstellungen zu errichten. Sie gruben Einmannlöcher.
Am Morgen des 29. März gegen 8 Uhr begann der Kampf um Rückingen. Die Amerikaner rückten auf der Reichsstraße 40 aus Richtung Hanau auf Rückingen vor. An einer Panzersperre bei den sogenannten "Kanälern" - ein Wasserdurchlass unter der Reichstraße 40 - kam es zu ersten Gefechten. Dort fielen etliche deutsche Soldaten. Diese sind auf dem alten Langendiebacher Friedhof beigesetzt.
Am Waldrand vor Rückingen teilten sich die Amerikaner in drei Gruppen auf (laut einem amerikanischen Bericht in zwei Gruppen). Ein Teil rückte über einen Feldweg, heute Römerstraße, vor. Ein weiterer Teil über die Reichstraße 40 und der Rest über die Felder in Richtung Langendiebacher Straße.
Die Verteidigungslinie der Deutschen war ab der Kinzig im Bereich des heutigen evangelischen Gemeindehauses, im Bereich des Friedhofes und im Bereich der Langendiebacher Straße bis zur Siedlung, heute Friedrichstraße.
Zwischen den anrückenden amerikanischen Truppen und der deutschen Wehrmacht entbrannten heftige Gefechte. Ein amerikanischer Bericht sagt dazu: "Der Ort war stark durch zahlreiche Infanterie, Einheiten mit Panzerfäusten und automatischen Waffen verteidigt. Unterstützt wurden sie durch Mörser und Artillerie. Bei den Gefechten fielen auf beiden Seiten etliche Soldaten." Die deutschen Soldaten sind auf dem Rückinger Friedhof beigesetzt worden.
Am frühen Nachmittag etwa gegen 14 Uhr wurde Rückingen von den Amerikanern besetzt. Zahlreiche deutsche Soldaten gingen in Gefangenschaft.
Im Ort gab es durch die langen Kämpfe viele Schäden. Unter anderem wurde der Kirchturm stark in Mitleidenschaft gezogen.
Bei der Einnahme von Langendiebach gab es keinen nennenswerten Widerstand. Vereinzelte Angriffe wurden sofort niedergeschlagen. Der Fliegerhorst wurde kampflos eingenommen.
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