Die Entstehung des Herrnhofs
Im Februar 1405 wurde im Rahmen einer "Strafaktion" gegen den räuberischen Kleinadel in der Wetterau (in Rückingen war Johann von Rüdigheim darin verstrickt) die Rückinger Wasserburg durch König Ruprecht von der Pfalz zerstört. Johann von Rüdigheim flüchtete daraufhin. Am 1. Juni 1405 verzichtete er gegenüber den am Zug Beteiligten auf Schadenersatz und stellte sich auf Lebenszeit in den Dienst der Pfalz.
Dafür erlaubte ihm der König, im Dorf Rückingen einen Bauhof zu errichten, jedoch ohne Graben, aufgehende Brücke oder ähnliche Befestigungsanlagen. Aus diesem Bauhof entwickelte sich dann mit der Zeit der Herrenhof.
So lässt sich anhand von Jahreszahlen im Schlösschen erkennen, dass das Gebäude Hauptstraße 39 im Jahr 1564 errichtet wurde.
Die Zerstörung von Anwesen und Dorf
1618 - 1648 zog mit verheerender Wirkung der 30jährige Krieg durch Europa. Auch Rückingen blieb nicht davon verschont. Das Dorf wurde fast vollständig zerstört. Die Bewohner waren auf der Flucht.
Der Wiederaufbau durch die Familie von Fargel
1650 kam Johann von Fargel nach Rückingen und baute das Dorf und den Hof mit erheblichen Finanzmitteln wieder auf. Das Geld dazu hatte er im Krieg verdient.
Auch lebte im Dorf zu dieser Zeit noch ein Teil der Familie von Rückingen.
Die Räume des Gebäudes Hauptstraße 39 sind mit Stuckdecken versehen, die das Wappen von Joachim Philipps von Rückingen und Anna Maria von Westfalen zeigen. Die Familie dürfte demnach in diesem Gebäude gewohnt haben. Joachim Philipps ist der letzte Rückinger. Mit ihm stirbt das Adelsgeschlecht aus und Johann von Fargel erhält den gesamten Ort.
Die Familie Fargel bewohnte zu dieser Zeit wohl nur das Schloss. Später wurde das Anwesen weiter ausgebaut. So wurde unter anderem das "Schlösschen" 1713 erweitert.
Eine Karte aus dieser Zeit zeigt auch, dass das Wohngebäude des Hofes an der Kinzig von einem Graben umgeben ist und davor ein Torhaus steht.
Dieser Graben wurde bei späteren Baumaßnahmen wieder zugeschüttet.
Die Stuckdecken im Schlösschen
Wie bereits oben erwähnt, sind einige Räume des Schlösschens mit Stuckdecken versehen.
Diese stammen aus dem Jahren 1657 und 1658 und zeigen das Wappen von Joachim Philipps
von Rückingen und Anna Maria von Westfalen. Diese Stuckarbeiten wurden im Zuge der
Renovierung des Gebäudes restauriert. Dabei wurden die Farbschichten, die im Laufe der
Jahrhunderte aufgetragen wurden, entfernt. Dies waren immerhin ca. 150 Schichten, die
ein Gewicht von ca. 4 kg/m² hatten. Dabei kam noch eine Besonderheit zu Tage. Üblicherweise
besteht Stuck aus Gips. Die Arbeiten im Rückinger Schlösschen wurden in Lehm ausgeführt.
Weiter wurden fehlende Stellen in den vorhandenen Decken wieder hergestellt.
Bei der Restaurierung wurde in einigen Bereichen ein massiver Brandschaden festgestellt. Vermutlich
sind diesem Feuer größere Teile der Stuckarbeiten zum Opfer gefallen, da einige Deckenteile
heute keinen Stuck mehr aufweisen.
Die heutige Farbgebung der Decke, ein helles Grau, entspricht der Farbe bei Entstehung der
Stuckdecken.
Ein Gemälde von Alfred Huber
Alfred Huber wurde 1882 geboren und starb früh 1929. Gerne wäre er Kunstmaler geworden, doch mit einer Frau und 3 Kindern konnte er sich dies nicht leisten. Auf der Wanderschaft durch Deutschland hat er viel gemalt. Zu Hause hat er zahlreiche Bühnenbilder für den Dramatischen Verein erstellt.
1903 gelangter er auf seiner Wanderschaft auch nach Rückingen und malte den Herrnhof und die alte Kirche.
Alfred Huber ca. 1905
Die Pläne des Christian Eberhard von Kameytsky
Eberhard von Kameytsky, der das Dorf Rückingen nach der Familie von Fargel zum Lehen hatte, plante einen größeren Umbau des Anwesens. Dies wurde aber nicht mehr verwirklicht. Eine Zeichnung zu den Plänen ist im hessischen Staatsarchiv vorhanden, kann aber aus rechtlichen Gründen hier zur Zeit nicht abgebildet werden.
Der Abbruch des Hofes
Nach der Chronik der Ev. Kirchengemeinde Rückingen wurde der Hof im Februar 1909 abgebrochen.
Die im Hof eingemauerten Wappensteine befinden sich heute im Schloss Birstein.
Erhalten blieben nur eine Scheune und die Gebäude des sogenannten Schlösschens. Die Räume im Schlösschen dienten als Wohnungen. Zuletzt waren sie Sozialwohnungen der Gemeinde Erlensee.
|